Die göttlichen Weisheiten Laotse und Jesus. Woher kannten sie sich ?

1. Einleitung / Introduction

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1.1 Die Übersetzung von Tao als göttlicher Sinn / Leben ?

In der Weisheit des Tao te king von Laotse wird Tao bei Richard Wilhlem mit (göttlicher) Sinn oder (göttliches) Leben in Gross gesetzt übersetzt, andere übersetzen es mit Gott, göttliche Leben / Wahrheit / Weg / göttliches Wort/Logos). Es ist aufgebaut auf einer grundlegenden göttlichen Intuition, die der streng westlich wissenschaftlichen, begriffsleeren Name und Eigenschaft „Gottes“ und deren Herrlichkeit unser Verstandesdenken übersteigt. Gott wird in seinen majestätischen Eigenschaften durch Tao beschrieben. Laotse, um einen Namen dieser herrlichen Majestät zu geben, bezeichnet dies nur kurz und für uns inhaltsleer ohne den unbegreiflichen Verstand anzuregen mit dem Worte TAO (sprich: Dau). In Beziehung auf die richtige Übersetzung dieses Wortes herrschte von Anfang begrifflicher Streit, die Tao wiederum nur in seiner göttlichen Allmacht, Allwissenheit und Kraft nur unzulänglich beschreiben können. Im Grunde genommen kommt auf den Ausdruck wenig an, da er ja auch für Laotse selbst nur sozusagen ein algebraisches Zeichen für etwas Unaussprechliches ist.

1.2 Die Übersetzung von Te als Gott oder Schöpfer

Um hier gleich die Übersetzung des immer wiederkehrenden Wortes TE als Gott oder Schöpfer (sprich: De) zu rechtfertigen, so sei bemerkt, daß die chinesische Definition desselben lautet: „Was die Wesen erhalten, um zu entstehen, heißt De.“ Wir haben das Wort daher mit das aus Gott geschaffene Leben oder Gott oder Schöpfer übersetzt. Woher hatte Laotse seine göttliche Eingebung. Darüber wird viel spekuliert. Historisch belegt ist das im 6. Jahrhundert der Prophet Daniel und seine Freunde im persischen Reich lebten und er als höchster Vertreter des Königs regierte. Das chinesische Reich, wo Laotse eine vergleichbare Position hatte, grenzte an das persische Reich. Ein Kontaktaufnahme zur Friedensvermittlung beider Reiche zwischen Daniel und Laotse im 6. Jahrhundert v. Chr., in denen beide nachgewiesen lebten, ist sehr wahrscheinlich. Mehr dazu siehe im Footer das englische Video.

2. Tao als vergebender Gott

Der erste Spruch in Richard Wilhelms Taoteking-Übersetzung fängt folgendermaßen an, wo sich auch die bedeutendeste Hineinprojizierung christlicher Sprachbilder ins taoistische Werk findet:

Die Adaption ans christlich-theologische Begriffssystem ist besonders auffällig in Spruch 62 von Laotse in Wilhelms Übersetzung: „Warum die Alten diesen SINN so wert hielten? Der Grund: Ist es nicht deshalb, daß es von ihm heißt:„Wer bittet, der empfängt; wer Sünden hat, dem werden sie vergeben“? Hinzu verweist Richard Wilhelm in der Fußnote auf das Evangelium (Matth. 7,7) sowie die Sündenvergebung. Dieser Verweis dient dazu, bei den christlichen Lesern den Eindruck hervorzurufen, daß sie gerade eine exotische „taoistische Bibel“ mit christlicher Gesinnung vor sich haben. Dies wird noch stärker in ersten Spruch des Tao te king von Laotse offenbar:

3. Tao als Schöpfergott

Sprüche 1 von Laotse Taoteking: „Der SINN, den man ersinnen kann, ist nicht der ewige SINN.Der Name, den man nennen kann,ist nicht der ewige Name. Jenseits des Nennbaren liegt der Anfang der Welt. Diesseits des Nennbaren liegt die Geburt der Geschöpfe.[…] Beides hat einen Ursprung,und nur verschiedenen Namen.Diese Einheit ist das Große.Und des Geheimnisses noch tiefes Geheimnis.Das ist die Pforte der Offenbarwerdung aller Kräfte.“ Der Spruch „Der Anfang der Welt“ und „die Geburt der Geschöpfe“ in Wilhelms Übersetzung verweisen auf die Genesis I, das Anfangskapitel der Bibel überhaupt, wo ebenfalls zuerst vom „Anfang“ der Welt und der Geburt der „Geschöpfe“ gesprochen wird. An die Schöpfungsgeschichte ist unmittelbar eine Szene des Namengebens in der Genesis II angeschloßen: Im Eden zeigte Gott Adam alle Tiere, die damals noch namenlos waren. Wie Adam ein Tier nannte, dann hieß das Tier danach. Das Namengeben ist für die Erkenntnis der Welt von so großer Bedeutung, daß Walter Benjamin sogar Adam statt Platon als „Vater der Philosophie“ betrachtet.Richard Wilhelm erklärt im Vortrag Goethe und Lau Dsi (1928) ebenfalls in diesem Sinn (Sprüche 21: „Von Anbeginn bis heute sind die Namen nicht zu entbehren, um zu verstehen aller Dinge Wesen. Denn woher weiß ich aller Dinge Wesen beschaffen ist? Eben durch sie.“) Daher sind „jenseits“ bzw. „diesseits der Nennbaren“ bei Wilhelm mehr mit der Zeitlichkeit als der Räumlichkeit verbunden. Die Formulierung „diesseits des Nennbaren“ verweist auf die Geschichte der Geschöpfe, und „jenseits des Nennbaren“ den Schöpfungsgott, der jenseits der Geschichte ist. Somit baut Wilhelm eigentlich am Anfang seiner Übersetzung eine „taoistische“ Genesis auf, deren Elemente man durchaus in der christlichen Theologie finden kann.

Die größte Hürde zwischen dem Taotekingund dem Verständnis durch den westlichen Übersetzer ist im Grunde das fremde Begriffssystem, das völlig unabhängig von der westlichen Kultur entstanden ist. Es ist aus Richard Wilhelms Sicht „eine tiefe Kluft zwischen den beiden Kulturkreisen“, „die sich vielleicht nie […] ganz überbrücken lassen“wird. Häufig existiert in den europäischen Sprachen kein Äquivalent für einen taoistischen Begriff. Allein die Diskussion über den Zentralbegriff „Tao“ zeigt schon, wie schwer die Wiedergabe der taoistischen Terminologien für die westlichen Übersetzer ist. Das Tao ist im Taoismus sowohl der Ursprung der Welt als auch das Wirkprinzip im Weltlauf. Es ist nach Laotse „ewig ohne Handeln, und nichts bleibt ungewirkt“ (Spruch 37). Es ist anscheinend schwach wie Wasser und gewaltlos, dennoch stets voller Dynamik und „überholt das Allerhärteste auf Erden“ (Spruch 43). Es übt jederzeit das „Nicht-Handeln“, „so kommt alles in Ordnung“ (Spruch 3). Zu dieser Vieldeutigkeit schreibt Richard Wilhelm im Vorwort seiner Taoteking-Übersetzung:

Und unter Verweis auf Goethes Faust gibt Wilhelm „Tao“ mit „SINN“ wieder. Dies geschah im Anschluß an die Stelle in Faust I, wo Goethe vom Osterspazierung zurückkehrt, sich an die Übersetzung des Neuen Testaments macht und die Anfangsworte des Johannesevangeliums 1,1 u.a. mit: „Im Anfang war der Sinn“ (Originalgriechich Logos/Wort/Gott) wiederzugeben versucht. (Fußnote: In den chinesischen Bibelübersetzungen ist Logos fast durchweg mit Dao wiedergegeben). Es scheint das die Übersetzung zu sein, die dem chinesischen DAO in seinen verschiedenen Bedeutungen am meisten gerecht wird. Dabei findet er den entscheidenden Verknüpfungspunkt mit der Tradition der Bibelübersetzung über Martin Luther zu Tao führt. Es deutet zugleich an, daß man die Taoteking-Übersetzung als eine mit der Bibelübersetzung vergleichbare Arbeit betrachten soll.

4. TE als Leben, Ursprung oder Gott

Richard Wilhelms Übersetzung von „Te“ als „LEBEN“ erfolgt ebenfalls in Anlehnung an das Johannesevangelium: Um hier gleich die Übersetzung des immer wiederkehrenden Wortes TE (sprich: De) zu rechtfertigen, so sei bemerkt, daß die chinesische Definition desselben lautet: „Was die Wesen erhalten, um zu entstehen,heißt De“. Wir haben das Wort daher (in Anlehnung zugleich an Johannesevangelium 1,4In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen“) mit LEBEN übersetzt. In der Tat verstärkt das großgeschriebene LEBEN die biblische Färbung in der Übersetzung erheblich. Wir lesen z.B. in Spruch 28 die folgenden Zeilen:[…] Ist er das Strombett der Welt,so verläßt ihn nicht das ewige LEBEN, […].Ist er das Vorbild der Welt,so weicht von ihm nicht das ewige LEBEN, […].Ist es das Tal der Welt,so hat er Genüge am ewigen LEBEN, […]. Unter dem westlichen Publikum wird die Formulierung wie „das ewige LEBEN“ – „In (Jesus) IHM war das LEBEN“ (Johannes 1,4) unvermeidlich an Jesus und das Neutestament und die Evangelien erinnern. Man könnte vermeinen, daß es sich hier um eine andere Art der Bibelexegese handelt. Im Kommentar zum „Te“ im 38. Spruch hebt Richard Wilhelm diese Verbindung nochmals hervor, indem er seine Taoteking-Exegese völlig im Kontext des Evangeliums aufblühen lässt :Das „hohe Leben“ ist dasjenige, das durch seine Einheit mit dem SINN Leben in sich selbst hat, nicht wie das „niedere LEBEN“ nur abgeleiteter Weise. Vgl. dazu Joh. 5,26: „Wie der Vater das Leben hat in ihm selber, also hat er dem Sohn gegeben, das Leben zu haben in ihm selber“ und zum „niederen LEBENMarkus 8,35: „Denn wer sein Leben retten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird es retten. 36 Denn was wird es einem Menschen helfen, wenn er die ganze Welt gewinnt und sein Leben verliert? 37 Oder was kann ein Mensch als Lösegeld für sein Leben geben? 38 Denn wer sich meiner und meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht/Welt, dessen wird sich auch der Sohn des Menschen schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.“

5. Tao als Logos/ Wort Gottes im Johannes 1,1 weist auf Gott

Die Gemeinsamkeit zwischen Tao und Jesus und Gott wird im das Prolog des Johannesevangelium, wo Tao als Logos oder Wort Gottes im Urtext übersetzt ist, ganz deutlich: Johannes 1,1: Im Anfang war das Tao (Urtext: Logos/ Wort Gottes) und das Tao war bei Gott, und das Tao war Gott. 2 Dieses (Tao) war im Anfang bei Gott. 3 Alles ist durch dasselbe entstanden; und ohne dasselbe (Tao) ist auch nicht eines entstanden, was entstanden ist. 4 In ihm (Jesus) war das (ewige) Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. 5 Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht begriffen. 6 Es war ein Mensch, von Gott gesandt; sein Name war Johannes. 7 Dieser kam zum Zeugnis, um von dem Licht Zeugnis zu geben, damit alle durch ihn glaubten. 8 Nicht er war das Licht, sondern er sollte Zeugnis geben von dem Licht. 9 Das wahre Licht, welches jeden Menschen erleuchtet, sollte in die Welt kommen (Jesus als Mensch geboren). 10 Er (Jesus) war in der Welt (Original: durch Sünde gezeichnete Schöpfung und besonders für die von Gott abgefallene Menschheit), und die Welt ist durch ihn (Jesus) geworden, doch die Welt erkannte ihn (Jesus) nicht. 11 Er (Jesus) kam in sein Eigentum, und die Seinen (Urtext: verlorene Menschen) nahmen ihn nicht auf. 12 Allen aber, die ihn (Jesus) annahmen, denen gab er das Anrecht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen (Jesus) glauben; 13 die nicht aus dem Blut, noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. 14 Und das Wort (Tao) wurde Fleisch (Jesus als Mensch geboren) und er (Jesus) lebte unter uns; und wir sahen seine (Jesus) Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen von Gott , voller Gnade und Wahrheit.

6. Tao ist einziger Retter der Geschöpfe und damit gleich Gott im Christentum

Ein ähnliches Beispiel sehen wir noch in Spruch 27, wo Wilhelm den chinesischen Text vom „Retter der Geschöpfe“ sprechen läßt: Also auch der Berufene: Er ist allzeit ein guter Retter der Geschöpfe, darum gibt es für ihn keine verworfenen Menschen. Solche Formulierungen von Laotse verwurzeln tief im christlich-theologischen Begriffssystem und erwecken bei den Lesern den Eindruck, daß das „Chinesentum“ ein dem Christentum analoges System besitzt. Der taoistische Klassiker erscheint nun „markanter als in anderen Übersetzungen als eine neuartig religiöse Spruchsammlung eine „taoistische Bibel“. Somit ist die Hürde zwischen den Texten der eigentlich fremden Kultur und dem Verständnis durch den westlichen Leser schon deutlich niedriger geworden .Die „taoistische Bibel“ wird schließlich für europäische Leser verständlich, die von Kindheit an von christlicher Gesinnung geprägt sind.

Quellen:

  1. Tan Yuan(Wuhan): Die Geburt der „taoistischen Bibel“. Zu Richard Wilhelms Taoteking-Übersetzung
  2. Laotse: Das Tao te king
  3. Johannes Hesse: Lao-Tsze, ein vorchristlicher Wahrheitszeuge

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